Detektiv sein, mit allen Konsequenzen.
Bei Frogwares, das Studio, welches noch nie etwas anderes gemacht hat, außer die Sherlock Holmes-Spiele, merkt man deutlich: die Jungs haben Erfahrung! Seit 2002 gibt es die Sherlock Holmes-Spiele und mit Crimes & Punishments merkt man, dass die Entwickler jetzt den Bogen raus haben, denn das ist das beste Krimi-Spiel der letzten Jahre.Holmes, übernehmen Sie!
Gleich am Anfang fliegen Schüsse durch die Wohnung von Doctor Watson und Sherlock Holmes, denn der etwas andere Detektiv macht zum frühen Morgen gleich mal ein paar Schussversuche. Er will 6 Vasen treffen und das mit verbundenen Augen. Mit mäßigem Erfolg natürlich, aber Watson, den wir in dieser Sequenz kurz übernehmen, wäre bald selber zu einer Vase geworden, denn einige der Schüsse gingen knapp an ihm vorbei. Nachdem wir ihn schließlich aufgehalten haben kommt auch schon ein aufgeregter Lestrade rein.Sehen wir uns den Tatort genauer an. Das Symbol oben rechts verrät uns, dass es mehr zu entdecken gibt, als man denkt |
Ja, fast jeder der 6 Fälle beginnt mit dem berühmten Inspektor, der ohne Holmes nicht viel hinbekommt. Die Fälle sind dabei abwechslungsreich gestaltet. Mal suchen wir einen Zug der sich in Luft aufgelöst hat, mal versuchen wir die Unschuld des Verdächtigen zu beweisen. Mit der Zeit werden dann immer neue Gebiete freigeschaltet, die wir für unsere Ermittlungen brauchen, u.a. unsere Wohnung auf der Baker Street und das Scotland Yard.
Wir eilen natürlich gleich zum Tatort und vernehmen die ersten Zeugen. Dabei schafft Crimes & Punishments ein Kunststück, welches noch nicht einmal Rockstar Games mit L.A. Noire gelungen ist. Es wiederholt sich nicht! Zwar ist der Grundaufbau, wie wir einen Fall lösen immer gleich, aber erstens gibt es durch einige Kniffe, zu denen ich später noch kommen werde, immer Abwechslung und zweitens springt das einem nicht so ins Gesicht, wie bei dem Krimi-Spiel um Cole Phelps.
Gute Augen hat der Mann:
Die genaue Betrachtung des Tatorts ist immer wichtig. Während Hinweise in unserem Blickfeld gleich mit einer Lupe markiert sind, gibt es auch kleine versteckte Indizien, die wir erst mit der "Detailansicht" sehen können. Dabei werden winzige Spuren, wie eine staubfreie Stelle im Regal, farblich markiert. Meist sind diese Hinweise die, die am wichtigsten sind.Genauso ist die genaue Untersuchung der Zeugen und Verdächtigen wichtig, bevor man ein Gespräch mit ihnen anfängt. Dafür gibt es die "Profilanalyse". In dieser stoppt die Zeit einen Moment und wir können am Körper winzig kleine Hinweise entdecken, die Falschaussagen gleich im Keim ersticken. Vor allem in dieser Profilanalyse fühlt man sich sofort wie Sherlock Holmes, der ja auch in den alten Büchern von Sir Arthur Conan Doyle anhand von Körpermerkmalen die gesamte Lebensgeschichte des Gesprächspartners aufsagen kann.
Ein kleines Minispiel mit dem Chemiebaukasten |
Aber manche Hinweise wollen etwas mehr Aufmerksamkeit von uns. Beispielsweise wenn es um alte Fälle geht, die mit dem aktuellen etwas zu tun haben, oder wenn die Hinweise in früheren Berichten schonmal aufgetaucht sind. Dafür gibt es in der Baker Street das Archiv, in dem wir alte Zeitungen, Bücher und Enzyklopädien durchwelzen um uns ein genaueres Bild zu machen. Manche Hinweise müssen erst bei Zeugen oder Verdächtigen erfragt werden und wieder andere müssen in unserer Wohnung am Chemietisch untersucht werden. Besonders letzteres ist oft als kleines Minispiel getarnt und passt sehr gut zur gesamten Atmosphäre. Ohnehin passen die kleinen Minispiele sehr gut dazu und wiederholen sich nicht. Lediglich ein Minispiel ist in der gesamten Spieldauer zwei mal aufgetaucht.
Vieles spielt sich im Kopf ab:
Haben wir genug Hinweise gesammelt, dann begeben wir uns in unseren Kopf. Nämlich für die Herleitungen. Da sehen wir alle Hinweise, die wir bisher gefunden haben umherfliegend und müssen zwei, die zusammenpassen, zusammenführen. Haben wir die richtige Kombination, dann ergibt sich eine kleine Gehirnzelle. Entweder ist der Hinweis eindeutig, oder wir haben zwei Möglichkeiten diesen zu interpretieren. Wählen wir das falsche aus, dann kann es sein, dass mit weiteren entscheidungsfreien Hinweisen, wir den falschen Täter überführen. Oft ändert sich aber die eigene Meinung im späteren Ermittlungsverlauf. Aber hier merkt man ganz besonders, dass jeder Hinweis wichtig ist. Es reichen ein oder zwei nicht gefundene Hinweise und wir verurteilen einen Unschuldigen.Mit den Herleitungen finden wir heraus, welche Hinweise etwas miteinander zutun haben |
Was sich ebenfalls im Kopf abspielt ist die Vorstellungskraft unseres werten Mr.Holmes. Der kann mithilfe von Spuren an Tatorten sich den Hergang einer Situation vorstellen. Manchmal ist es eine Vermutung wie eine Situation ablaufen wird oder wie sie abgelaufen ist. Ab und zu ist das in ähnlicher Manier wie bei The Vanishing of Ethan Carter, da müssen wir die einzelnen Bausteine in die richtige Reihenfolge bringen um uns vorstellen zu können, was denn passiert ist.
6 Fälle, 6 Geschichten:
Größter Kritikpunkt bei Sherlock Holmes: Crimes & Punishments ist wohl, das es keine zusammenhängende Geschichte gibt. Jeder Fall wird einzeln erzählt und taucht auch nicht als Erwähnung später auf. Lediglich ein anderes Spiel aus der Reihe, nämlich Sherlock Holmes jagt Jack the Ripper, wird vor allem in den letzten beiden Fällen oft genannt. Dafür ist aber jeder Fall für sich spannend und man hat nie das Gefühl, dass sich die Entwickler wiederholen. Vor allem der letzte Fall hat es in sich, inklusive einer Schlusssequenz, die uns wiedereinmal vor eine schwere Entscheidung stellt. Viele Wege müssen wir gehen, um zu einer Lösung zu kommen. Vor allem viele Wege in den Ladebildschirm, denn wenn wir von einem Ort zum nächsten reisen, dann wird das mit einem kleinen, als Kutschfahrt getarnten Ladebildschirm begleitet und der kann ganz schön lang sein, was bei kleineren Aufgaben und häufigem reisen ganz schön nervig sein kann, ähnlich wie bei Die Sims 4.Dafür können wir die Ladebildschirme für Blicke ins Notizbuch und ein paar Herleitungen nutzen. Besonders das Notizbuch ist von höchster Wichtigkeit. Charakterprofile, Dialoge, Hinweise und was wir mit ihnen anstellen müssen (Erfragen von Hinweisen, chemischen Test's unterziehen etc.), die Karte zum schnellreisen und unsere Aufgaben sind dadrin festgehalten.
Grafik und Präsentation:
Sherlock Holmes arbeitet mit der Unreal Engine 3, die ist zwar nicht mehr ganz taufrisch, aber schlecht sieht sie noch lange nicht aus. Das diese Engine in ihrer Urform (The Vanishing of Ethan Carter benutzte sie auch, allerdings mit einer anderen Technik) zuletzt bei BioShock Infinite eingesetzt wurde sieht man deutlich. In Sachen Beleuchtung und Texturen ist Crimes & Punishments stark, bis auf matschige Ausnahmen am Wegesrand, aber ähnelt sehr oft dem Shooter aus der Wolkenstadt. Was am meisten aber ins Auge sticht sind die emotionslosen Gesichter. Ohne großen Ausdruck im Gesicht sagt uns eine Frau mit weinend, schluchzender Stimme, dass sie nicht glauben kann, was passiert ist. Das wirkt dann oft arg seltsam.Abwechslungsreiche Orte. Hier: die Römische Therme |
Die Ohren können sich dazu auch nicht beklagen. Sehr schöne Musikstücke, leider aber nur sehr spärlich eingesetzt und tolle englische Sprecher die mit feinstem britischen Englisch daherkommen. Eine deutsche Vertonung gibt es nicht, dafür müssen dann die Untertitel herhalten, die ab und zu aber kleine Übersetzungsfehler aufweisen.
Fazit:
Sherlock Holmes: Crimes & Punishments (Frogwares Game)
Sherlock Holmes: Crimes & Punishments ist das beste Krimi-Spiel der letzten Jahre. Abwechslungsreiche Fälle und Tatorte, detaillierte Ermittlungen mit tollen Ideen wie der Profilanalyse und der Herleitung, die einem wirklich das Gefühl geben Sherlock Holmes zu verkörpern. Die Grafik ist zwar nicht mehr die Beste, aber besser als in den alten Sherlock Holmes-Spielen, und die Gesichter sind emotionslos, natürlich kein Vergleich zu den Mimiken aus L.A. Noire. Aber das Spiel hat Charme und stellt uns auch vor die Tatsache, dass falsche Entscheidungen große Auswirkungen haben und im schlimmsten Fall einen Unschuldigen dem Galgen näher bringen. Ein Muss für jeden Fan von Krimi's! Wertung: 87 von 100 Punkten
Das war mein Test zu Sherlock Holmes: Crimes & Punishments!
Euer Franz (:
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